Wie gewährleisten wir dem Kunden den gewünschten lückenlosen Totalüberblick über die unzähligen Stufen und Stationen eines Produktionsprozesses? Wie ermöglichen wir ihm einen permanenten Einblick in Produktionspläne und Lieferprogramme? Wie managen wir eine minutiöse Protokollierung jedes einzelnen Arbeitsschritts in der Produktion, wie eine geforderte Geolokalisierung und wie eine jahrzehntelange Abrufbarkeit von Workflow und Produktspezifikationen? Solche und ähnliche Fragen stellen sich heute immer mehr. Konkret, wenn ein bestelltes Produkt, egal in welchem Stadium des Planungs- und Produktionsprozesses es sich gerade befindet, jederzeit und quasi von aussen überwacht von allen Beteiligten erreicht werden soll.
Colab macht Unmögliches möglich
Damit steht aber nicht nur das Produkt, dort wo es sich in der Produktionskette gerade befindet, im Licht, sondern die Menschen selber, die auf ihre eigene Weise an der spezifischen Produktwerdung beteiligt sind: Bauherren, Fachplaner, Behörden und Unternehmungen oder Prüfinstanzen – sie alle kooperieren. Allerdings nicht selten mit diversen Sichtweisen. Sollen nun Prozessabläufe transparenter gestaltet und potenzielle Fehlerquellen frühzeitig entdeckt werden, müssten alle Beteiligten zu jedem Zeitpunkt über die gleichen Informationen verfügen. Ferner müssten alle prozessrelevanten Grundlagen ortsunabhängig abgerufen und alle erfolgskritischen Entscheidungen dokumentiert werden können. Und schliesslich müsste für jeden einzelnen Prozessschritt klar ersichtlich sein, wer mit seinen Entscheiden persönlich dahintersteht und demzufolge die Verantwortung trägt.
Mit Colab hat die Müller-Steinag Element AG ein computerbasiertes, digitales Werkzeug gefunden, das diese vernetzte Zusammenarbeit unterstützen, die Koordination optimieren, die Nachvollziehbarkeit verbessern, den Informationsfluss vereinfachen soll. Dies mit dem Ziel, die Projekte reibungslos, das heisst ohne Reklamationen, abwickeln zu können. Eine transparente Planung, verbindliche Abmachungen und die Früherkennung von Konflikten sind der Schlüssel dazu.
Gläserner Käfig oder befreiende Durchsicht?
Colab ist dem lateinischen «col-laborare» oder «collaboratio» entlehnt und bedeutet zusammenarbeiten bzw. Zusammenarbeit. Das klingt schon mal beeindruckend. Und das ist Anspruch, Erwartung, Voraussetzung, Verheissung und Konsequenz zugleich. Auf Neudeutsch bedeutet Colab aber auch «Digitalisierung des Workflows» oder «cloudbasierte Zusammenarbeit». Etwas, das dem einen oder andern Angst bereiten könnte? Solche Begrifflichkeiten, so schillernd sie auch klingen mögen, sind sie nicht auch Ausdruck für Normen oder für genormtes Verhalten? Manch einer könnte seine persönlich-individuell geprägte Arbeitsweise im Schatten des geforderten «Wir alle», des Rundum-transparent-Machens, des Kontrolliertwerdens, des Ausgestelltseins bedroht sehen und Colab deshalb mit Unbehagen begegnen. Schliesslich tragen Normen eher den Stempel des mechanistischen Denkens und bilden kaum das organische Denken ab. Normen schliessen aus. Sie schweigen: Zum Beispiel über Gefühle, Emotionen, Spontanität, Improvisation, Kreativität – kurz über die «weichen» Seiten des Zusammenarbeitens. Sind diese nun in Gefahr? – «Die Frage ist zu Recht gestellt», pflichtet Herbert Weber, Verkaufsleiter MÜLLER-STEINAG ELEMENT AG, bei. «Wir dürfen die menschlichen Komponenten auch auf dem neuen digitalisierten Weg der Zusammenarbeit nicht vernachlässigen. So finden 1:1-Gespräche statt, wenn jemand sich aufgrund von Colab im gläsernen Käfig fühlt und sich deshalb vor den Konsequenzen seiner auf einmal für alle so transparent gemachten Entscheide fürchtet. Solche Gefühle können arbeitshemmend und demotivierend wirken, was ja auch verständlich ist. Ich darf feststellen, dass sich solche oder ähnlich empfundene Lasten schnell wieder verflüchtigen, wenn wir sie ernst nehmen und wenn wir gebührend darauf eingehen», sagt Herbert Weber, der das Colab-Projekt seit Beginn begleitet und auswertet.
Grundsätzlich sei der Zuspruch aller Projektbeteiligten aber gross. Man habe erkannt, dass Colab eine genauso nützliche wie notwendige Antwort auf neue Bedürfnisse unserer Zeit sei. Mit der herkömmlichen Arbeitsweise, die auf dem mühseligen Ablegen von Plänen, Bildern und allen weiteren Prozessschritten in Ordnern beruhe, würde eine 100-prozentige Instant-Nachvollziehbarkeit, wie sie heute mehr und mehr gefordert ist, gar nicht mehr zu bewältigen sein. «Colab mag auf den ersten Blick bedrohlich wirken, weil es neu ist und eine konsequente Digitalisierung der Prozessabläufe fordert. Versöhnlich wirkt Colab spätestens dann, wenn die mit «Müller» beschriftete und irrtümlich mit «Meier» gelesene Etikette, wenn die katastrophalen Folgen dieses Ablesefehlers dank Colab endgültig der Vergangenheit angehören. Das ist zu 100 Prozent der Fall. Und wirkt entlastend!?